29.08.2024

MEDIENMITTEILUNG | 2. Etappe Pflegeinitiative: Die Verbände fordern die Sicherstellung der Finanzierung der Massnahmen und grösseren betrieblichen Spielraum bei der Umsetzung

Die Bemühungen des Bundes, die Arbeitsbedingungen in der Pflege im Rahmen der 2. Etappe zur Umsetzung der Pflegeinitiative zu verbessern, sind zu begrüssen. Aus Sicht von ASPS, ARTISET CURAVIVA INSOS, senesuisse und Spitex Schweiz besteht jedoch klarer Verbesserungsbedarf im Entwurf des Bundesgesetzes über die Arbeitsbedingungen in der Pflege (BGAP).

Sie fordern, dass die Finanzierung der vorgeschlagenen Massnahmen zwingend sichergestellt ist. Zudem ist auf Massnahmen zu verzichten, die zu einer übermässigen Reduktion der Arbeitskapazität führen, den Handlungsspielraum für individuell optimal passende Lösungen weiter einengen oder gar an den Bedürfnissen der Arbeitnehmenden vorbeizielen.

Heute endet die Vernehmlassung zum Entwurf des Bundesgesetzes über die Arbeitsbedingungen in der Pflege (BGAP). Die Verbände der Leistungserbringer äussern in ihren Vernehmlassungsantworten grosse Besorgnis, weil der Gesetzesentwurf die Finanzierung der Massnahmen ausklammert und den betrieblichen Spielraum einschränkt. Das ist umso gefährlicher, als die regulatorischen und finanziellen Rahmenbedingungen den Leistungserbringern schon heute enge Grenzen setzen. Damit die Pflegeinstitutionen sowie die Spitex-Organisationen ihr bestehendes Engagement für attraktive Arbeitsbedingungen weiter verstärken können, muss das neue Bundesgesetz die entsprechenden Grundlagen schaffen. Dazu gehört zwingend, dass es die Mehrkosten in der Finanzierung berücksichtigt, eine Schwächung der Versorgung verhindert sowie einen Spielraum für die betrieblichen Gegebenheiten und die individuellen Bedürfnisse der Arbeitnehmenden lässt.

Finanzierung der vorgesehenen Massnahmen

Die Arbeitszufriedenheit und die Motivation der Mitarbeitenden haben für die Arbeitgeber im Bereich Pflege hohe Priorität. Die zusätzlichen, vom neuen Gesetz vorgesehenen Massnahmen führen jedoch zu Mehrkosten, welche die bereits angespannte finanzielle Lage der Pflegeinstitutionen und Spitex-Organisationen weiter verschärfen werden. Die Annahme des Bundes, dass die Leistungserbringer die Mehrkosten durch eine Umverteilung der Kosten im Betrieb auffangen können, ist angesichts der Unterdeckung bei den Tarifen und der Restfinanzierung unrealistisch. Die Personalkosten der Pflege stellen sowohl bei der Spitex als auch in Pflegeheimen den weitaus grössten Kostenblock dar. Ohne entsprechende Finanzierung sind die Spitex-Organisationen und Pflegeinstitutionen nicht in der Lage, die Vorgaben der 2. Etappe der Pflegeinitiative und vorgesehenen Massnahmen zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen umzusetzen. Das neue Bundesgesetz weckt jedoch Erwartungen, welche durch eine fehlende Finanzierung unerfüllt bleiben und unweigerlich zu Frustration bei den Arbeitgebenden und Arbeitnehmenden führen werden.

Verzicht auf Massnahmen, die den betrieblichen Spielraum einschränken und die Versorgungssicherheit schwächen

Damit die Leistungserbringer attraktive Arbeitsplätze bieten und auf die individuellen Bedürfnisse ihrer Mitarbeitenden eingehen können, benötigen sie einen gewissen Spielraum. Auf Massnahmen, die diesen Spielraum einschränken, ist zu verzichten. So beschränkt zum Beispiel die Reduktion der Arbeitszeit nicht nur die Möglichkeit der Arbeitgeber, auf Wünsche der Mitarbeitenden einzugehen und zeitgemässe Arbeitsmodelle anzubieten (z.B. 6-Tage-Einsätze für Grenzgänger:innen), sie kann auch die Versorgungssicherheit gefährden: Würde der Bundesrat Kraft seiner neuen Kompetenz eine wöchentliche Höchstarbeitszeit von 38 Stunden festlegen, so entstünde auf diesen Zeitpunkt in vielen Betrieben ein zusätzlicher Personalbedarf von mehr als 10 Prozent. In der heutigen Arbeitsmarktsituation könnte die Versorgung damit nicht mehr aufrechterhalten werden und die Arbeitslast für das bestehende Personal würde verstärkt. Arbeitgeber haben bereits heute Mühe alle Stellen zu besetzen.

Auch wenn das Ziel des Gesetzes ist, die Verweildauer im Beruf zu erhöhen: kurzfristig bis mittelfristig führen verschiedene der vorgeschlagenen Massnahmen zu einer Reduktion der Arbeitskapazität, in ihrer Summe sogar zu einer drastischen Reduktion. Die erhofften positiven Effekte der Massnahmen zur Stärkung der Arbeitszufriedenheit und Bekämpfung des Fachkräftemangels sind aber weder im Umfang bekannt, noch kann deren zeitliches Eintreten abgeschätzt werden. Entsprechend gilt es solche Massnahmen zu reduzieren oder wegzulassen.

Bund und Kantone in der Pflicht

Mit der Annahme der Pflegeinitiative wurde Art. 117 b neu in die Bundesverfassung verankert. Dieser nimmt den Bund und die Kantone gleichermassen in die Pflicht, wenn es um die Sicherstellung einer ausreichenden und allen zugänglichen Pflege von hoher Qualität geht. Entsprechend müssen sich Bund und Kantone auf die Finanzierung der Massnahmen einigen und sicherstellen, dass die Arbeitgeber die Massnahmen auf die unterschiedlichen betrieblichen Gegebenheiten und die individuellen Bedürfnisse der Mitarbeitenden abstimmen können.