Kurz vor dem Jahresende hat die Landesregierung erste Eckpunkte skizziert, wie sie den Forderungen der Initiative begegnen will. Verbesserungen können gemäss Bundesrat bereits aus dem bestehenden rechtlichen Rahmen abgeleitet werden, dafür brauche es keine Verfassungsänderung. Sein Vorhaben für einen indirekten Gegenvorschlag stellt der Bundesrat auf zwei Pfeiler: Der Schaffung eines Inklusionsrahmengesetzes und mit Massnahmen bei der IV.
Inklusionsgesetz
Dabei handelt es sich um ein Rahmengesetz, das Bund und Kantonen eine gemeinsame Stossrichtung und Leitplanken vorgibt. Das Gesetz soll:
- die Grundsätze für den Bereich des Wohnens (grösstmögliche Wahlfreiheit und individuell ausgerichtete Unterstützungsmassnahmen) festschreiben;
- die Kantone dazu anhalten, ein vielfältiges Angebot an bedarfsgerechten Unterstützungsmöglichkeiten bereitzustellen sowie den Zugang zu preisgünstigen und hindernisfreien Wohnungen zu fördern und betroffene Personen bei der Wahl ihrer Wohn- und Lebensform beraten.
Mittelfristig kann das Gesetz gemäss Idee des Bundesrats auch auf andere Lebensbereiche ausgedehnt werden.
Massnahmen in der IV
Der erleichterte Zugang zu Hilfsmitteln und Assistenzleistungen als mittelfristige Massnahmen und die Schaffung einer einzigen Unterstützungsleistung – zusammengeführt aus dem heutigen Wildwuchs – als langfristige Massnahme sind die Bestandteile des Vorschlags des Bundesrats:
- Der Zugang zu modernen Hilfsmitteln (zum Beispiel Hörgeräte oder Prothesen) soll verbessert werden. Dazu braucht es eine breitere Palette von technisch modernen Hilfsmitteln zur Unterstützung einer selbstständigen Lebensführung.
- Der Assistenzbetrag der IV soll ausgebaut werden. Bezüger:innen einer Hilflosenentschädigung sollen inskünftig mit dem Assistenzbeitrag eine Person einstellen können, welche die erforderliche Unterstützung leistet.
- Mit einem Blick in die Zukunft kündigt der Bundesrat bereits an, dass bei einer kommenden IV-Revision verschiedene Leistungen der IV vereinfacht werden sollen, um das selbstständige Wohnen von Menschen mit Behinderungen zu fördern. Der Bundesrat möchte das heutige komplexe Geflecht aus Leistungen in eine einzelne Leistung überführen, die ein selbstbestimmtes Leben ermöglichen.
Die Ingredienzen des Gegenvorschlags zeugen davon, dass der Bundesrat bei der Förderung der Inklusion vorwärts machen will. ARTISET und die Branchenverbände begrüssen die Initiative des Bundesrats und stehen den präsentierten Stossrichtungen grundsätzlich positiv gegenüber. Es ist zu hoffen, dass im für Ende Mai in Aussicht gestellten indirekten Gegenvorschlag, die skizzierten Eckpunkte auch ihren inhaltlichen Niederschlag finden werden.
Die Inklusionsinitiative
Im Herbst 2024 wurde die Inklusionsinitiative mit 108'000 Unterschriften eingereicht. Die Initiative wendet sich gegen jede Form der Diskriminierung und fordert die rechtliche und tatsächliche Gleichstellung. Für die Umsetzung dieses Anspruchs sollen die notwendigen Unterstützungsmassnahmen garantiert werden. Mittels der erforderlichen personellen und technischen Assistenz wird die volle gesellschaftliche Teilhabe angestrebt. Die Initiative will zudem das Recht auf die freie Wahl von Wohnort und Wohnform für Menschen mit Behinderungen mit der dafür erforderlichen Unterstützung in der Verfassung verankern.